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Die Stromversorgung in Deutschland gilt eigentlich als sehr sicher. Experten raten trotzdem dazu, sich auf Stromausfall vorzubereiten. Was Sie zu Blackouts wissen müssen.
Düsseldorf Die Lage im deutschen Stromnetz ist in diesem Winter durch Energieknappheit und andere Faktoren angespannt. Energieversorger und Netzbetreiber schwanken zwischen Beruhigung und Warnung. Der Chef des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) Ralph Tiesler hatte zuletzt für Aufregung gesorgt, als er in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ sagte: „Wir müssen davon ausgehen, dass es im Winter Blackouts geben wird.“ Damit meinte er eine regional und zeitlich begrenzte Unterbrechung der Stromversorgung, stellte der Behördenchef kurze Zeit später klar.
Zwischen Stromausfall, Blackout und Brownout gibt es erhebliche Unterschiede. Dass es zu einem flächendeckenden unkontrollierten Stromausfall kommen könnte, halten Experten für „sehr unwahrscheinlich“. Trotzdem bereiten sich Städte, Kommunen und Gemeinden teilweise auf mehrtägige Notsituationen vor.
Was genau ist ein Blackout, wie unterscheidet er sich von einem Brownout und warum ist die Lage im Stromnetz überhaupt so angespannt? Wir liefern Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Blackout: Wann spricht man von Stromausfall?
Einen Stromausfall im herkömmlichen Sinne hat wahrscheinlich jeder schon mal zu Hause erlebt: Auf einmal springen die Sicherungen heraus und nichts geht mehr. Manchmal begrenzt sich der Stromausfall auf mehrere Häuser, auf ein paar Straßenzüge oder auch ein kleines Dorf beziehungsweise einen Stadtteil.
In diesen Fällen handelt es sich um kurze Stromausfälle, die immer mal wieder auftreten können. Sie sind allerdings regional begrenzt und dauern in der Regel auch nur wenige Minuten oder Stunden an. Gründe können Wartungsarbeiten, Überlastungen im regionalen Netz oder Leitungsunfälle sein. So war im August beispielsweise ein Traktor in der Region Usedom in eine über den Acker gespannte Hochspannungsleitung gefahren. Für die Reparaturen musste der Strom in der Region abgestellt werden.
Wo kann ich Stromausfälle melden?
Auf der Internetseite störungsauskunft.de sammeln die deutschen Netzbetreiber Stromausfälle und Störungen im Netz. Hier kann jeder Verbraucher melden, wenn bei ihm auf einmal das Licht ausgeht. Darüber hinaus findet sich dort eine Auflistung über aktuelle Stromausfälle in ganz Deutschland, inklusive Dauer, Grund und der betroffenen Gebiete.
Was ist ein Blackout?
Von einem Blackout spricht man, wenn die Stromversorgung unkontrolliert und für längere Zeit unterbrochen ist. Während ein Stromausfall meistens räumlich begrenzt ist, betrifft ein Blackout weitaus größere Gebiete. Streng genommen bezeichnet ein Blackout den Zusammenbruch großer Teile des gesamten europäischen Stromnetzes. Würde es einen großflächigen, nicht vorhersehbaren Stromausfall in Deutschland geben, könnte das also zu einem Blackout führen.
Ein Blackout entsteht nicht durch einen Mangel an Strom im Netz, sondern durch Störungen im Netzbetrieb. Die können hervorgerufen werden durch Naturkatastrophen, Terroranschläge, Cyberangriffe oder menschliche Fehler. So kam es beispielsweise 2006 zu einem großflächigen Blackout in Teilen von Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und Spanien. Mehr als 120 Minuten war der Strom gebietsweise von einem Moment auf den anderen weg. Grund war ein Abstimmungsfehler bei der geplanten Abschaltung einer Stromleitung für die Überführung eines Kreuzfahrtschiffes.
Wie wahrscheinlich ist ein Blackout in Deutschland?
Die Bundesnetzagentur sagte: „Die Lage ist in jedem Fall komplexer als in den vergangenen Jahren.“ Trotzdem halten Aufsichtsbehörde als auch Übertragungsnetzbetreiber wie Amprion und 50Hertz einen Blackout für „sehr unwahrscheinlich“.
Auch das zuständige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) betont, dass Deutschland grundsätzlich eine sehr sichere Stromversorgung habe. „Das elektrische Energieversorgungssystem ist mehrfach redundant ausgelegt und verfügt über zahlreiche Sicherungsmechanismen, um das Stromnetz bei Störungen zu stabilisieren“, schreibt die Behörde auf Twitter.
Nach den Ergebnissen des von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Stresstests hält der Übertragungsnetzbetreiber Amprion fest: „Selbst auf Basis des schlechtesten von uns untersuchten Szenarios ist im Ergebnis nicht mit einem Blackout zu rechnen.“
Was ist ein Brownout?
Kommt es im Stromnetz absehbar zu einer Situation, in der mehr Energie verbraucht als Strom produziert wird, greifen die Übertragungsnetzbetreiber erst einmal zu vorhandenen Kraftwerksreserven. Reichen diese nicht aus, gibt es noch die Option der freiwilligen Lastabschaltungen.
Dabei wird der Stromfluss an Unternehmen gekappt, mit denen dies vorher vereinbart wurde. Erst wenn das nicht mehr ausreicht, würden im äußersten Notfall zeitlich begrenzte und im Voraus geplante Abschaltungen in Erwägung gezogen. Diese kontrollierten Abschaltungen heißen Brownouts. Denn: Es muss immer so viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie in diesem Moment verbraucht wird. Steht nicht genug Strom zur Verfügung, gerät das Netz aus dem Gleichgewicht und bricht zusammen. Das gilt es zu verhindern.
Mit einem prozentualen Schlüssel, der sich an der Größe der Verbraucher in den jeweiligen Netzen orientiert, werden die abzuschaltenden Lasten aufgeteilt und vom Übertragungsnetz bis zur Verteilnetzebene weitergegeben. Die Abschaltungen in den einzelnen Städten oder Gebieten bleiben laut Übertragungsnetzbetreibern allerdings überschaubar.
Sollten Brownouts über einen längeren Zeitraum hierzulande nötig sein, würde man im Maximalfall alle vier Stunden in einem Gebiet rotieren, also immer nur einen Teil der Kunden ab- und wieder ans Netz anklemmen.
In diesem Winter könnten Brownouts laut Energieexperten erstmals auch in Deutschland gebraucht werden, um das Netz stabil zu halten. Das Risiko dafür steige ab Januar und Februar, sagte BBK-Chef Tiesler. Von da an könne es „stellenweise für eine gewisse Zeit“ zu Unterbrechungen der Stromversorgung kommen.
Wie sicher ist die Stromversorgung in Deutschland?
Gerade im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist die Stromversorgung in Deutschland eine der sichersten. Laut dem „System Average Interruption Duration Index“ gibt es fast in keinem Land so wenige und kurze Stromausfälle wie hierzulande.
Im Jahr 2021 mussten Haushalte in Deutschland im Durchschnitt 12,7 Minuten ohne Strom auskommen. „Großflächige, lang anhaltende Stromausfälle – sogenannte Blackouts – hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. Diese bleiben auch weiterhin sehr unwahrscheinlich“, stellt die Bundesregierung auf ihrer Website klar.
Stromversorgung: Warum ist die Lage diesen Winter so gespannt?
Kein Gas aus Russland, zu wenig Atomstrom aus Frankreich und weniger Kohlestrom als erhofft: Deutschlands Energieversorgung steht in diesem Winter vor großen Herausforderungen.
Der größte Unsicherheitsfaktor ist Frankreich. Der europäische Nachbar ist einer der wichtigsten Strompartner Deutschlands. Seit Monaten hat das Land allerdings große Probleme mit seinen Atomkraftwerken. Mehr Meiler als erwartet sind in Reparatur, teilweise dauert die Wartung länger oder Mängel wurden entdeckt und die Ausbesserung zieht sich in die Länge. Für Frankreich ist das keine gute Nachricht: Immerhin heizt dort die Mehrheit der Menschen mit Strom. In diesem Winter könnte das Land deswegen auf Stromimporte aus anderen Ländern angewiesen sein, falls die Kernkraftwerke auch dann noch nicht wie gewohnt funktionieren.
>> Lesen Sie hier: Frankreich fährt seine Atomkraftwerke wieder hoch – und will den Bau neuer Reaktoren beschleunigen
Die Schwankungen in Frankreich könnten auch das Stromnetz hierzulande an die Belastungsgrenze bringen. Schließlich sind die Länder über das europäische Verbundnetz alle miteinander verbunden.
Bevor es aber hierzulande zu unkontrollierten und lang anhaltenden Blackouts kommt, würden zunächst die bereits erwähnten kontrollierten Lastabwürfe genutzt, um das deutsche Stromnetz stabil zu halten und so einen Blackout zu verhindern.
Wie verhalte ich mich bei einem Stromausfall?
Auch bei einem herkömmlichen Stromausfall gibt es allerdings ein paar Dinge zu beachten, um die eigene Sicherheit nicht zu gefährden. Die oberste Regel lautet Ruhe bewahren. Zudem sei es sinnvoll, sich nach dem Umfang des Ausfalls zu erkundigen, schreibt der Fernnetzbetreiber Westenergie: Ist es nur eine Etage – oder doch das ganze Haus? Hat auch der Nachbar keinen Strom?
Eine Meldung des Vorfalls hilft den Netzbetreibern, das Problem möglichst schnell zu beheben. Diese raten außerdem dazu, elektronische Geräte aus den Steckdosen zu ziehen, um Schäden bei der Wiederherstellung der Stromversorgung auszuschließen. Sobald der Strom wieder fließt, sollten alle Geräte und Sicherungen auf Mängel überprüft werden.
Wie kann man sich auf Stromausfall vorbereiten?
In der Regel sind Stromausfälle innerhalb weniger Stunden behoben. Dennoch ist die private Vorsorge wichtig. Das Bundesinnenministerium empfiehlt zur Vorbereitung auf einen Stromausfall die Checkliste vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Sie findet sich im Ratgeber der Behörde für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen.
>>Lesen Sie dazu: Was sollte man bei Stromausfall zuhause haben?
Die Behörde rät bei längeren Stromausfällen dazu, Taschenlampen, Kerzen oder Campinglaternen als Lichtquellen griffbereit zu haben. Wichtig ist allerdings, trotz möglichen Heizungsausfalls regelmäßig zu lüften, um sich ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.
Laptops und Mobiltelefone sollten möglichst aufgeladen sein, schreibt die BBK. Eine Reserve-Powerbank in der Schublade kann die Akkulaufzeit des Mobiltelefons verlängern. Um über das aktuelle Geschehen und ein mögliches Ende des Stromausfalls informiert zu sein, können sich Haushalte auch Batterie- oder Kurbelradios anschaffen.
Weil von einem großflächigen Stromausfall auch Banken und Geldautomaten betroffen sein können, rät die Behörde dazu, Bargeld griffbereit zu haben. Außerdem sollte eine Grundversorgung sichergestellt sein: Trinkwasser, Lebensmittel, Babynahrung und eventuell Tiernahrung.
Oder um sich optimal vorzubereiten, kaufen Sie sich einen eigenen Stromgenerator oder Batteriespeicher.
Blackout in Deutschland: Trifft ein Stromausfall auch Krankenhäuser und Schulen?
Fällt der Strom großflächig aus, kann das Supermärkte, Tankstellen oder Straßenbahnen dazu zwingen, den Betrieb vorübergehend einzustellen. Krankenhäuser werden über Notstromaggregate versorgt, sodass beispielsweise lebenserhaltende Maßnahmen nicht ausgesetzt werden müssen.
Quelle: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/blackout-in-deutschland-wie-wahrscheinlich-ist-totaler-stromausfall-/28822614.html