Gas und Strom sind im Zuge der Energiekrise deutlich teurer geworden. Der Stadtwerkeverband rechnet mit einer Verdoppelung der Tarife. Die Krise sei allerdings nicht mehr ganz so dramatisch, aber auch noch nicht vorüber.
Deutschlands Stadtwerke erwarten eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife für Endkunden. Angesichts gesunkener Großhandelspreise „wollen natürlich auch die Stadtwerke die Tarife senken, und machen das, sobald Spielraum da ist“. Er warne aber vor falschen Hoffnungen, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU), der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag).
„Es wird nach unserer Einschätzung absehbar auf eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife hinauslaufen.“ Die Krise sei nicht mehr ganz so dramatisch, aber nicht vorüber. Einen Zeitraum für die erwartete Preisverdoppelung nannte Liebing nicht.
Liebing: Vorwurf von „Mondpreisen“ falsch
Den Vorwurf von Verbraucherschützern, Stadtwerke verlangten „Mondpreise“, wies Liebing zurück. „Die aktuellen Spotmarkt- und Terminpreise sind noch nicht so günstig, dass sich das bereits nachhaltig preissenkend auswirkt. Dafür müssten sie noch weiter und vor allem dauerhaft sinken“, sagte er.
Grimm für längere AKW-Laufzeiten
Der VKU-Hauptgeschäftsführer sprach sich wie die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm für längere AKW-Laufzeiten aus. „Um für Notsituationen gewappnet zu sein, wäre es grundsätzlich besser, die Kapazitäten zu nutzen, die wir haben“, sagte Liebing. Grimm argumentierte, dass auch bei einem verstärkten Ausbau Erneuerbarer Energien in den kommenden zwei bis vier Jahren nicht ausreichend Erzeugungskapazitäten zur Verfügung stünden, „um die angespannte Lage am Strommarkt zu beruhigen“. Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke würde die Strompreise um acht bis zwölf Prozent senken. „Außerdem müssten wir nicht so viel Kohle verstromen“, sagte Grimm.
Liebing rief zugleich die Bundesregierung auf, Genehmigungen für Windkraftanlagen deutlich zu beschleunigen. „Die Koalition kann und muss den Turbo zünden.“ Seit Dezember gebe es im Rahmen der EU-Notfallverordnung ganz neue Möglichkeiten.
Der Chef der Internationalen Energieagentur, Fatih Birol, hat die Europäer davor gewarnt, die Versorgungskrise angesichts fallender Gaspreise vorschnell abzuhaken. „Der nächste Winter bereitet mir Sorgen“, sagte Birol dem „Handelsblatt“ (Dienstag). „Kein russisches Gas, Chinas Comeback als Importeur, wenig Angebotszuwachs: Diese drei Faktoren machen den nächsten Winter zur Herausforderung.“ Er fürchte, dass viele Regierungen „ein bisschen zu froh“ über den bislang relativ milden Verlauf der Krise seien. Europa müsse den Gasverbrauch weiter senken.
Vor dem Hintergrund der angespannten Lage kritisierte auch der IEA-Direktor den deutschen Atomausstieg: „Ich wünschte, es gäbe die Möglichkeit, die Laufzeiten bei Bedarf deutlich stärker zu verlängern.“ Dagegen lobte Birol, dass sich der Ausbau von Windkraft und Solaranlagen beschleunigt habe. „Vor allem die Beschleunigung der Planungsverfahren zahlt sich aus.“
Gaspreis Anfang Januar auf niedrigstem Stand seit November 2021
Der europäische Gaspreis war Anfang Januar auf den niedrigsten Stand seit November 2021 gefallen. Am 4. Januar wurde der Terminkontrakt TTF für die Lieferung von niederländischem Erdgas in einem Monat zeitweise nur noch zu 64,22 Euro je Megawattstunde (MWh) gehandelt.
Anfang Dezember hatte der Preis noch zeitweise bei 159 Euro je MWh gelegen. Das Rekordhoch war im vergangenen Sommer bei 345 Euro je MWh erreicht worden. Damals hatte ein Lieferstopp von Erdgas aus Russland einen rasanten Höhenflug beim Preis ausgelöst.
Die deutschen Gasspeicher sind weiterhin gut gefüllt, die Füllstände sinken jedoch angesichts kälterer Witterung merklich. Meldete die Bundesnetzagentur am vergangenen Donnerstag noch Füllstände von knapp über 89 Prozent, lagen sie am Montag bereits bei nur noch 84,8 Prozent.